Am von Sven Zuschlag in IT & Innovationsmanagement
Die IT als Treiberin der digitalen Transformation - Ein Experten-Interview mit Prof. Stefan Stoll
Vor rund 30 Jahren übernahm Stefan Stoll eine Professur für Controlling-, Prozess- und IT-Management an der heutigen Dualen Hochschule Baden-Württemberg Villingen-Schwenningen. Schon damals war das Geschäftsprozessmanagement ein zentrales Feld der Wirtschaftsinformatik, denn Produktions- und Beschaffungsprozesse sowie die IT-Planung standen auf Stolls Lehrplan.
Seitdem hat sich viel geändert. Nicht nur die Vorlesungsinhalte unterscheiden sich, sondern der IT-Experte ist inzwischen auch Leiter des Studiengangs Wirtschaftsinformatik an seiner Hochschule. Ein maßgeblicher Grund dafür ist die Veränderung des Stellenwerts der betriebsinternen IT-Abteilungen: Während sie früher vor allem als Dienstleister der Fachabteilungen fungierten, übernehmen sie jetzt eine entscheidende Rolle bei der digitalen Transformation ganzer Unternehmensbereiche. Denn auch wenn vermeintlich viele Branchen wie die Auto-Industrie auf Hardware-Produkte setzen würden, ergebe sich ein großer Teil ihrer Wertschöpfung aus der Software hinter den Produkten, meint Stefan Stoll. “Wir befinden uns in einer Zeit der Regelbrüche”, konstatiert er daher.
Mut zur Disruption
Zu Beginn von Stefan Stolls Lehrtätigkeit waren die Aufgaben eines IT-Experten weit weniger komplex, als sie das heute sind. Dementsprechend waren auch die Berufsmöglichkeiten im Vergleich zu heute eingeschränkt und viele von Stolls Studenten hatten den Wunsch, Leiter eines Rechenzentrums in einem Unternehmen zu werden.
Während solche Unternehmen früher vor allem serviceorientiert waren und primär dafür verantwortlich waren, die digitale Infrastruktur der Fachabteilungen aufrecht zu erhalten, sind die Aufgaben der IT-Experten heute deutlich breiter gefächert. Da viele Produkte inzwischen smart sind und Daten der Kunden sammeln, ergeben sich daraus neue Services bzw. Geschäftsmodelle. “Diese Geschäftsfelder darf man nicht seinen Konkurrenten überlassen”, meint Stefan Stoll. Er rät deutschen Unternehmen, sich am Digitalisierungs-affinen Silicon Valley zu orientieren, um sich nicht von Konkurrenten überholen zu lassen. Dazu gehöre, sich nicht auf dem eigenen Erfolg auszuruhen und stattdessen eine gesunde Paranoia an den Tag zu legen. Pioniere wie Google oder Facebook seien gerade deshalb so erfolgreich, weil sie sich jeden Tag fragen würden, welcher Konkurrent eine Gefahr für sie werden könne.
IT-Experten als digitale Pioniere
Wie Stefan Stoll verdeutlicht, übernehmen IT-Abteilungen in Unternehmen heute weit mehr Verantwortung als früher. Denn Unternehmen sind auf innovative IT-Experten angewiesen, die in den gesammelten Kundendaten Chancen erkennen können und eine federführende Rolle bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle übernehmen.
Der Geschäftsführung kommt dabei nicht nur die Aufgabe zu, ihrer IT-Abteilung Freiräume zu schaffen und sie mit den nötigen Ressourcen auszustatten. Vielmehr sollte sie die Mitarbeiter dazu ermutigen, sich vom Silo-Denken zu verabschieden und eine positive Fehlerkultur zu entwickeln: Nur wer keine negativen Konsequenzen bei Fehlgriffen befürchtet, wagt es, neue Ideen zu äußern und in einem Testverfahren auszuprobieren. Diese “Trial and Error”-Mentalität herrscht bereits jetzt in den Unternehmen vor, die Stefan Stoll als Vorbilder für die deutsche Wirtschaft identifiziert hat - zum Beispiel Facebook und Google, die mit ihrer innovativen Unternehmenskultur bereits seit Jahren andere Tech-Unternehmen vor sich hertreiben.
Damit IT-Abteilungen ihr Potenzial entfalten können, sollten sie aus dem Hintergrund befreit und ins Zentrum der Digitalisierungsstrategie eines Unternehmens gesetzt werden. Das funktioniert nur, wenn alle Abteilungen mit der IT vernetzt sind und sich in einem regen Austausch befinden. Allen Mitarbeitern sollte bewusst sein, dass die zentralen Ansprechpartner für das digitale Change Management in der IT-Abteilung sitzen und die Abteilung über jegliche Vorschläge und Innovationen informiert werden sollte.
Einfach digital - Prozessoptimierung im deutschen Mittelstand
Wie der Experte erklärt, erfordert die Digitalisierung, dass sich Unternehmen jeden Tag selbst auf die Probe stellen und sich permanent optimieren. Gerade mittelständische Unternehmen sind jedoch oftmals seit Jahrzehnten an ihr Geschäftsmodell gewöhnt und haben Schwierigkeiten damit, dieses iterative Modell für sich anzunehmen. Oftmals schrecken sie auch vor größeren Investitionen zurück. Damit nehmen sie sich jedoch selbst viele Chancen, da auch kleine Schritte mit einem geringen Investitionsniveau in Richtung Business 4.0 führen: Mittlerweile sind beispielsweise viele kostengünstige Tools auf dem Markt, mit denen Papier in Büros obsolet wird und die Organisationsprozesse erheblich erleichtern. Auch Verfahren wie Rapid Prototyping sorgen dafür, dass Geschäftsprozesse beschleunigt und kontrolliert ablaufen.
Wichtig ist in jedem Fall, dass die Digitalisierung geordnet abläuft und nicht jede Abteilung unkontrolliert ihre eigenen Ideen ausprobiert. Gerade aus diesem Grund ist es jetzt Zeit, die eigene IT-Abteilung ins Zentrum des Unternehmens zu rücken: Sie sind keine untergeordneten Dienstleister im Auftrag der Fachabteilungen, sondern die wahren Pioniere der digitalen Transformation.
CEO/Vorstand
Sven ZuschlagDigitaler Vordenker und Vorstand der smapOne AG. Verantwortlich für Unternehmensstrategie, Märkte und Mitarbeiter. Macher und Brückenbauer innerhalb der digitalen Welt. Bis 2014 leitete er den Solution-Partner-Channel bei Microsoft. Als studierter Diplom-Betriebswirt mit über 21 Jahren Berufserfahrung in verschiedenen Unternehmen und Rollen kennt er die Trends und die Anforderungen von Unternehmen an moderne IT genau.
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